1957-1960
„1957 wurde die „Neue Gruppe Saar“ gegründet, eine Vereinigung von Künstlern, die zum großen Teil aus der Schule von Boris Kleint kamen. Er selbst war bereits 1953 aus dem Bund ausgetreten. Die „Neue Gruppe“, gewissermaßen eine Gründung gegen den Künstlerbund, unterscheidet sich von ihm ihrem Ursprung und Wesen nach durch Schulzusammenhang und Gesinnungsgleichheit. Sie ist über mehrere Lehrer-Schüler-Generationen hinweg Abkömmling des Bauhauses. Im Ganzen ist seit den sechziger Jahren eine Entfremdung zwischen Kunstschule und Bund festzustellen. Von dieser Zeit an stammen nur noch wenige zum Bund gekommene Mitglieder von der Schule. Diese hat freilich auch durch die rigorose Beschneidung ihres Fachangebotes und durch ihre Reduzierung auf ein nur schlecht angepaßtes Anhängsel einer Fachhochschule an Bedeutung für die Ausbildung des künstlerischen Nachwuchses im Saarland verloren. Ein Art engagé, wie es im weiteren Sinne als eine Kunst mit menschlicher Anteilnahme von Zolnhofer und Franz Juncker geschaffen worden ist, kennzeichnet deutlich den Abstand zu einer Kunst des unverbindlichen Experimentes mit den Gesetzen der Flächenelemente bei der „Neuen Gruppe“. So ist auch die neuerliche Abwendung vom l’art-pour-l’art der ungegenständlichen Malerei und die Hinwendung zur ernsthaften Aussage bei einigen Mitgliedern des Bundes bemerkenswert.
Darauf ist man stolz. Es wird in den Vorworten gesprochen von „geistiger Weite, für die wir immer eintreten werden in einer Zeit der Kollektivierung und der Geschmacksdiktatur“.“
(Walter Schmeer, 60 Jahre Künstlerbund, 1984)
„Die diesjährige Herbstausstellung des Saarländischen Künstlerbundes ist die zehnte Ausstellung, die unter dieser Bezeichnung zu einem festen Bestandteil des saarländischen Kulturlebens geworden ist. Seit dem Jahre 1950 werden regelmäßig Werke der Malerei, Plastik und Graphik, die innerhalb eines Jahres oder in den letzten Jahren entstanden sind, in einem repräsentativen Rahmen der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Sie sind der sichtbare Beweis für die ernsthafte Arbeit der Künstler, die im Saarländischen Künstlerbund vereinigt sind. Auch die diesjährige Ausstellung ist unter den Aspekten der Verpflichtung gegenüber unserer Gemeinschaft sowie in strenger Selbstkritik aufgebaut worden. Wir dürfen dabei herausstellen, dass wir als juryfreie Künstlervereinigung die Verantwortung nicht einer Außenstehhänden Instanz überlassen, sondern als Gesamtheit übernehmen, Die Bedeutung unserer Ausstellung liegt darin, dass sie, ohne die eine oder andere künstlerische Richtung zu betonen, allen Formen der künstlerischen Aussage gleichen Raum bietet. Bestimmend vor allem ist die künstlerische Qualität.
Gemessen an Ausstellungen in traditionsreicheren Städten hält sie jedem Vergleich stand, weil sie – bewusst nicht uniform – reich an inneren Spannungen, lebendig und aktuell im besten Sinne des Wortes ist.
Sie ist daher ein Spiegelbild des Bundes in seiner Vielfalt künstlerischer Individualitäten und erlaubt dadurch einen gültigen Überblick über das zeitgenössische Kunstschaffen unseres Landes. Der Saarländische Künstlerbund will weder Gruppe noch Sezession sein. Seine erfolgreiche Existenz als freie Künstlervereinigung aller Richtungen beweist das hinreichend, und seine Grenzen werden allein durch die Kraft künstlerischer Aussagen bestimmt. Unsere unbedingte Forderung nach absoluter künstlerischer Freiheit gestattet uns, allem Kunstmanagertum abzusagen und jedem Raum zu geben, der Eigenes zu vermitteln hat. Darin liegt die Stärke dieser in sich lebendig differenzierten Gemeinschaft.
So sehen wir in dieser Herbstausstellung eine Manifestation des freien, unabhängigen Kunstschaffens, für das wir immer eintreten werden. In einer Zeit der Kollektivierung und der Geschmacksdiktatur bedarf es schon eines gewissen Mutes, die Freiheit des Künstlers gegen eine indifferente Umwelt zu verteidigen. Unser Wunsch ist es, durch unsere Ausstellung die zeitbedingte Isolation des Künstlers und seiner Arbeit zu überwinden und durch lebendigen Kontakt mit der Öffentlichkeit dem künstlerischen Schaffen eine breitere Basis zu geben, Diesen Zielen möge unsere diesjährige Herbstausstellung dienen.“
(Vorwort Ausstellungskatalog,1959)
„Auch von inneren Spannungen ist die Rede. Für den Außenstehenden überdeckt die etwa gleich bleibende Zahl der Mitglieder ein Kommen und Gehen. Sie überdeckt auch eingetretene Gruppierungen. Der gelegentlich rasche Wechsel im Amt des Vorsitzenden deutet auf innere Unruhe. (Im Ganzen hatte der Bund seit seiner Gründung sechszehn Vorsitzende: Von Rüden, Wenzel, Grewenig, Bohr), Becker, Kleint, Eberle, Huschens, Siegle, Mertz, Dahlem, Steitz, Barrois, Messner, Kramer, Oliberius). Es gibt so etwas wie zwei Fraktionen, die sich im Künstlerbund fast schon seit seiner Gründung gegenüberstehen. Man kann sie etwas grob die „gegenständliche“ und die „ungegenständliche“ nennen. Dabei sind die Grenzen fließend, auch teilen sich die „ungegenständlichen« ihrerseits in frei formende und geometrisch gebundene. Wechselnd hatte im Laufe der Jahre eine der beiden Fraktionen die Mehrheit. Es scheint so, als seien die Ungegenständlichen im Ganzen weniger fähig und bereit gewesen, die Partnerschaft der anderen zu ertragen.
1960 war ein kritisches Jahr. Der Austritt mehrerer Mitglieder hatte zur Folge, dass dem weiterbestehenden Künstlerbund das Saarland-Museum am St. Johanner Markt für die bereits traditionell gewordenen Jahresausstellungen verwehrt wurde. Daraufhin stellte das Ministerium für Kultus, Unterricht und Volksbildung seine für Ausstellungszwecke hervorragend geeigneten Festräume zur Verfügung, wo am 25. November die große Herbstausstellung 1960 eröffnet wurde.
Die erfolgreich gemeisterte Herausforderung wirkte aktivierend. In der Ausstellung wurden erstmals Druckgrafiken als Jahresgaben für einen neu gegründeten Fördererkreis des Künstlerbundes angeboten. Für einen Jahresbeitrag von 20 Mark konnte man Mitglied werden, was mit einem Anspruch auf eine Grafik verbunden war, die man aus sechs verschiedenen Angeboten auswählen konnte.“
(Walter Schmeer, 60 Jahre Künstlerbund, 1984)